While the City Sleeps (USA 1956, Fritz Lang) (VHS)
Beim zweiten Anlauf das der Film schon wesentlich verständlicher. Eine
schlechte VHS-Aufnahme und nuschelnde Amerikaner sind keine gute
Komibantion. Daher habe ich dieses Mal die Lektüre zum Film vorgezogen
und mit dem Plotwissen daraus dann wesentlich mehr von der Sichtung
gehabt.
Langs Film ist ein Noir der Extraklasse. Das Serienmördermotiv aus „M“
wird dort mit dem selben kritischen Gestus fortgesetzt; nur kommt
dieses Mal etwas hinzu, was 1931 noch nicht üblich war:
Intertextualität und Genrebewusstsein. „While the City Sleeps“ greift
schon etliche Motive und Erzählstrukturen des frühen und klassischen
Serienmörderfilms bewusst auf und setzt auf die Erwartungrn seiner
Zuschauer. Das geht soweit, dass der Plot an einer bestimmten Stelle
gar nicht mehr weitererzählbar wäre, wenn durch das „Profiling“ der
Ermittler die nächste Tat des Serienmörders nicht zweifelsfrei
vorhergesagt werden würde. Die „Argumentationslücke“ wird nur deshalb
nicht zur Inkohärenz, weil diese Art von Vorhersage seit den späten
1930er Jahren zum Topos geworden ist.
Zentral für Langs Film ist natürlich die Medienkritik. Was hier unter dem Dach des „New York Inquirer
Sentinel“ geschieht, kann sich mit dem Presseethos einer „BILD“-Zeitung
messen. Die Auflagenzahl und der Vorsprung vor der Konkurrenz stehen
über jedem moralischen Handeln und Rechtsempfinden entgegen. Lang spart
nicht mit beißendem Spott: Dass der Täter gefasst wird, ist eher ein
Resultat der mangelnden Moral des „ermittelnden Rechercheurs“ (bzw.
recherchierenden Ermittlers) als des Mutes: Das letzte potenzielle
Opfer öffnet dem Täter nur deshalb nicht die Tür, weil es glaubt, der
untreue Verlobte (eben jener Reporter) stünde davor und kann den
flüchtenden Serienmörder nur deshalb denunzieren.



