Minority Report

18.02.03: Minority Report (Rex – One-Dollar-House)

Ich
dachte, es wäre mal wieder entspannend einen Film von Spielberg sehen
zu können, der nicht das Projekt verfolgt, die Geschichte aufzuarbeiten
bzw. aus amerikanischer Perspektive neu zu interpretieren – also einen
aus der Fiction-Riege. Ich hätte nach Artificial Intelligence
eigentlich vorgewarnt sein müssen, dass Spielberg auch hier nur noch
mit großen Gesten der Melodramatik inszenieren kann, dass seine hidden
agenda „Zeig der Welt, wie Spielberg sie sieht“ gar nicht mehr hidden
ist. Also ein weiterer Meilenstein im Opus Spielberg, der Kunderas
These belegt: „Bevor wir die Dinge vergessen, verarbeiten wir sie zu
Kitsch“.

Was nämlich als sehr interessante (wenn auch flache)
Adaption des Philip K. Dick-Stoffes „Minority Report“ anfängt und sich
langsam zu einem sehr spannend inszenierten
Paranoia-/Verschwörungs-Thriller emporschwingt, wird durch Spielbergs
Manie, grundsätzlich alles zu Tode zu erklären, rabiat ausgebremst: Der
Einsatz der Eye-Scans immer und überall, die Spiders, die Mysterie um
die drei Präcogs … das alles inszeniert Spielberg im diametralen
Gegensatz zur Intention Dicks: Bei Dick waren dies die Belege für eine transparente Gesellschaft – bei Spielberg sind es die Gründe
dafür. Natürlich kann man dem Film nicht vorwerfen, dass er es mit der
literarischen Vorlage nicht allzu genau nimmt. Man kann sich allerdings
sehr wohl beschweren, dass er wieder einmal ein Verprechen bricht (ja
eigentlich: ein allgemeines positives Vorurteil bestätigt): Bei
Spielberg wird selbst die Spannung zu Kitsch. Er gibt vor seine
Zuschauer mit „whodunnit“s zu fesseln, nervt sie aber mit
„howcaniborethem“s.

Das zeigt sich besonders plastisch in der
Auflösung der Erzählung, in der fast alles wieder in die Fugen
gespachtelt wird. Was mir zuerst noch „gefehlt“ hat, wäre eine Rückkehr
des verlorenen Sohns gewesen (als den Spielberg sich selbst ja so gern
sieht). Da wäre doch noch mal ein finaler Tränenausbruch gewesen. Aber
den hat Steven Spielberg dann sogar noch getoppt: Natürlich kehrt der
Sohn zurück, aber „rein“ aus dem Mutterleib, weil er damit auch noch
als ontologischer Beweis für die gerettete Beziehung gelten kann. Auf
solche Momente konzentriert sich Spielberg gern …

Einziger
Spaßmoment: die Puke-Sticks … leider aber auch nur eine Szene … die
sind ein schöner Beleg dafür, dass Philip K. Dick doch irgendwo hinter
der Geschichte steckt, denn sie sind auf diese außergewöhnlich subtile
Art eingesetzt, wie sie nur bei Dick zu finden ist – als Randphänomen,
das v ieles Erklärt ohne sprechen zu nüssen.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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