Dark Water (USA 2005, Walter Salles) (Kinopolis Bonn)
Das US-Remake von Hideo Nakatas J-Horror-Film macht es einem nicht leicht. Zuerst meint man, die Story komme schwer in Gang, wenn nach der Hälfte des Films eigentlich immer noch nichts „Gruseliges“ vorgefallen ist – doch man ist schon mitten drin im Horror. „Dark Waer“ ist nämlich weniger auf sein übersinnlich-fantastisches Sujet konzentriert als auf das Grauen der atomisierten Kleinfamilie.
Jennifer Connelly ist die Mutter eines sechsjährigen Mädchens (äußerst authentische Kinder-Darstellung von Ariel Gade!) und lebt in Scheidung. Ihr Mann versucht ihr das Kind wegnehmen zu lassen, weil sie psychisch labil sei. Als Mutter und Kind ein eine neue Wohnung ziehen, beginnen seltsame Dinge um sie herum zu passieren. Ein Wasserfleck an der Decke taucht immer wieder auf. Die Wohnung darüber ist möbliert aber völlig verlassen und steht komplett unter Wasser. Dort hat eine Familie mit einem kleinen Mädchen gelebt, welches nun abwechseln Mutter und Tochter in der Wohnung darunter erscheint.
An „Dark Water“ gibt es nur wenig zu deuteln – die Story lässt zunächst kaum eine andere Lesart als die des Familien-Dramas zu, das sich auf realer und fantastischer Ebene immer mehr zuspitzt. Dieses Drama ist in seiner Intensität jedoch unglaublich. Vor allem die behutsamen Dialoge zwischen Mutter und Tochter zeugen von einem hohen Grad an Emotionalität und Angst. Alle Faktoren, die in diese Dyade einzudringen versuchen, angefangen beim Vater, der das Sorgerecht einklagt, über das kleine Mödchen aus der Wohnung darüber bis hin zum schwarzen Wasser, werden als gefährliche Bedrohung dieser Dualität empfunden und auch so inszeniert. Dass ein so fragiles System seiner Umwelt nicht lange standhalten kann, ist klar.
Und diese Umwelt zeigt ihr Gesicht recht deutlich: Eine Wohnsiedlung im „Brutalismus“-Stil mit hohen unverkleideten Gebäuden, die alle bereits dem Verfall überantwortet sind, ständiger Regen und ein andauerndes Halbdunkel zwischen Tag und Nacht. Die Verzweiflung, die sich bei der Mutter bald einstellt, scheint wie von Außen verstärkt und auf sie appliziert. Das Interieur von Wohnung und Wohnhaus leistet ein übriges. Alles ist irgendwie halbwegs verfallen, funktioniert aber noch (oder vermittelt – wie die Waschmaschinen im Keller – eine Ahnung davon, dass es mal funktioniert hat). Der Geist, der durch dieses Haus geht, ist auch der Geist der Function-follows-Form-Architektur der 1950er und 1960er Jahre. Welchen Einfluss die Architektur auf soziale und familiäre Gefüge hat, ist durch die Soziologie ja gut erforscht.
Tja, was bleibt? „Dark Water“ ist sicherlich ein sehr intensiver Film. Wenn man in Kauf nehmen kann, dass sich der aus ähnlichen Filmen bekannte Grusell nicht mehr so sehr in den Vordergrund drängt, wird man angenehm unangenehm berührt. Die Darstellungen von Jeniffer Conelly und Ariel Gade sind in jedem Falle Oscar-reif! Allein derentwegen lohnt sich der Besuch des Films vielleicht sogar noch ein zweites Mal.



