Der Spot … oder fast eine Karriere (D 1981, Rainer Erler) (DVD)
Ein Blick auf das eigene Medium: Erler karikiert in seinem TV-Film „Der
Spot“ die Hintergründe und Machenschaften der Werbeindustrie anhand
einer PR-Werbe-Agentur namens „O.K.A.J.“

Ein junger Uni-Absolvent arbeitet sich dadurch, dass er die
zementierten Vorstellungen seiner Kollegen gezielt ausnutzt und
Insider-Informationen der Konkurrenz missbraucht in der Firma bis ganz
an die Spitze. Dabei hinterlässt er Leichen – ausgebootete Vorgesetzte,
die Verzweiflung und/oder Wahn in den Suizid treiben. Aufhänger des
Dramas ist ein mysteriöser Auftrag: Die Agentur soll ein Werbekonzept
für das Produkt „Santorin“ entwickeln – niemand weiß jedoch, worum es
sich bei „Santorin“ handelt und es hat ganz den Anschein, als wolle der
Auftraggeber
zunächst eruieren, was die Kunden am liebsten unter dieser Bezeichnung
kaufen würden, bevor er mit der Produktion beginnt. Die Jagd nach Ruhm
und Karriere wird so zusehends zu einer Jagd nach Sinn – was steckt
hinter „Santorin“? Daran scheitert schließlich sogar der Karrierist.
Die Idee mit dem McGuffin-Produkt, das beworben wird, ohne dass irgend
jemand weiß, was da eigentlich Gegenstand der Werbung ist, ist nicht
neu. Bereits 1963 hatte Doris Day in Norman Jewisons „The Thrill of it
all“ für ein solches Produkt geworben. Die Mediensatire dahinter war
nicht minder ätzend als die in Erlers Film. Hier kommt jedoch hinzu,
dass gezielt die Amerikanisierung der deutschen Werbewirtschaft aufs Korn
genommen wird – eine Amerikanisierung, die sich heute in allen
Industriezweigen – vor allem aber in den „Public Relations“ (wie
Werbung seit einigen Jahren euphemisierend genannt wird) – wieder findet.
Die Art und Weise, wie Erler seine Kritik an den Zuschauer bringt,
weckt aber auch noch weitere Assoziationen. Vieles erinnert an Heinrich
Bölls satirischen Umgang mit derlei Phänomenen (der TV-Film-Bewanderte
wird sich vielleicht das eine oder andere Mal an die Böll-Adaption „Nicht nur zur Weihnachtszeit“
von 1970 erinnert gefühlt haben): kitschige Musik, endlose Wiederholung von Handlungen und vor allem die
verbissene Statik der Charaktere haben in beiden Filmen einen enorm
wichtigen Einfluss auf die Entfaltung des satirischen Potenzials. Mehr
und mehr driftet das Geschehen in der Agentur dadurch, dass es sich
ständig wiederholt, ins Groteske ab. Zum Ende hin gibt es nur noch
Absurdität: Alles scheint sich gegeneinander verschworen zu haben. Der
Wunsch, eine Wahrheit hinter all den Fassaden zu finden, gerät zur
Sisyphos-Aufgabe.
„Der Spot“ zählt zu den kleineren und unbekannteren Werken Erlers. Dass
er nun auf DVD vorliegt, ist begrüßenswert. Vor allem das Wiedersehen
mit Wolfgang Kieling lohnt schon die Sichtung des Films – kaum ein
anderer Schauspieler hätte wohl die Gratwanderung zwischen
verknöchertem Bürokraten und enthusiastischem Werbestrategen besser
hinbekommen.



