Mathilde – Eine große Liebe (Un long dimanche de fiançailles,F 2004, Jean Pierre Jeunet)
Nach der Knörer-Kritik
habe ich ja bereits ein mulmiges Gefühl gehabt, das sich nun gestern
Abend nicht nur besätigt, sondern sogar verschlimmert hat.
Jeunet ist mit seinem neuen Film am eigenen, in den Vorgängerfilmen
etablierten Ansprüchen gescheitert. „Mathilde“ sieht aus wie das
billige Plagiat eines Jeunet-Films (ja, nicht nur Denis Lavant erinnert
an „Tuvalu“). Jeunet übertägt sein „Erfolgskonzept Amelie“ einfach auf
ein anderes Setting, fügt seinem Film aber ansonsten nichts hinzu, was
nicht schon aus seinem Oeuvre bekannt wäre. Nun kann man Jeunet
vielleicht die mangelnde Originalität im Verhältnis zu den eigenen
Filmen kaum vorwerfen, weil „Mathilde“ immer noch mehr Ideen hat, als
die letzten zehn Jahre des deutschen Kinos in der Summer. Leider
belässt es Jeunet aber nicht mit der Kopie, sondern überführt seine
Erzählung, seine Charaktere und selbst seine Gimmicks in die
Vulgarität.
Zwei (von vielen) Beispielen: Die Darstellung der Sexszenen, die Jeunet
bislang stets sparsam und dann auch nur als „Mittel zum Zweck“ (nämlich
zur Rhythmisierung oder Charakterisierung) verwandt hat, feiert in
„Mathilde“ ihren feuchtfröhlichen Selbstzweck. Jeunet scheut sich nicht
einmal, Fick an Fick zu schneiden. Das selbe kann/muss man leider den
Gewaltdarstellungen attestieren: Hier klammert sich der Film nachgerade
an die historische Wahrheit, „der erste Weltkrieg war die Hölle“ und
authentisiert seine Meinung durch Splatter- und Gore-Effekte. Wiederum
ist darin aber kein Zusammenhang mit dem Ganzen des Werks zu erkennen.
Was nach zwei und einer viertel Stunde übrig bleibt, ist ein
bedauerlich eindimensionaler Film, eine detektivische Recherche, die
sich immer weiter ausfranst und die man bald nicht mehr
nachzuvollziehen im Stande ist (oder wozu einem die Lust vergeht), ein
zwanghaft sich in den ersten Sezenen schon ankündigendes
Märchen-Happy-End … und schließlich eine Audrey Tatou, deren
stupsnasig-überbissige Niedlichkeit sich sehr verbraucht hat.



