Cape Fear (USA 1962, J. Lee Thompson) (DVD)
Für eine Artikelrecherche zum Thema „Destruktion von Privatheit“ habe ich mir das Original einmal angesehen: Was Thompson sich in „Cape Fear“ traut, ist für seine Entstehungszeit schon recht beeindruckend: Mehr noch als im Scorsese-Remake ist die Aggression auf die Tochter konzentriert und die Wahl der damals 14-jährigen Schauspielerin Lori Martin, die zudem dann noch wie eine „kleine Frau“ ausgestattet wurde (von der Frisur bis hin zur Kleidung) verschiebt die Handlungen des Vaters schnell von einer bloßen Schutz- zu einer Eifersuchtsmotivation werden.
Schemenhaft erkennt man in Max Cady hier eine Umkehrfunktion des Vaters, ein abgespaltenes, unzivilisiertes reines Lustprinzip, das den Anforderungen des modernen Lebens entgegensteht. Cady ist damit auch der Dämon der bürgerlichen Gesellschaft, der deren Errungenschaften durch Tabubruch umzukehren versucht. Die Machtlosigkeit der „guten“ Instanzen gegen ihn zeigt bereits, dass er nur mit seinen eigenen Mitteln geschlagen werden kann. Und erst als der Vater sich seiner „Gerissenheit“ (wie es im Film heißt) annimmt, ist er in der Lage, ihn zu besiegen – was gleichbedeutend damit ist, einen Teil von ihm in sich (wieder) zu erkennen. Das kann 1962 als Drama deshalb viel besser als 1991 funktionieren, weil die starren gesellschaftlichen Regeln hier auch noch bis ins Privatleben hineingreifen. Scorseses Remake wirkt im Vergleich mit dem Original daher schon beinahe wie eine Interpretation, in der diese sozialen und psychologischen Strukturen manifest werden.



