Wohnraumparasiten

Uncertain Guest (El Habitante incierto, Spanien 2004, Guillem Morales) (DVD)

Ein dramaturgisch leider ziemlich unentschlossener Film, der die hochinteressante Grundkonstellation (und  -stimmung) seines ersten Drittels einer eher altbackenen Moral in den letzten zwei Dritteln opfert: Ein von seiner Freundin verlassener junger Mann lässt eines Abends einen Fremden in sein Haus, der kurz darauf verschwindet, jedoch nicht gegangen ist, sondern sich im Haus versteckt hält und dort neben dem eigentlichen Bewohner zu leben beginnt.

Das treibt ersteren schließlich fort und in das "ehemalige" Haus des Mannes, der nun bei ihm untergekommen ist. Aus unerfindlichen Gründen beginnt nun abermals eine Geschichte von der Besiedlung eines fremden Hauses – dieses Mal zwischen zwei Verlassenen: der Geflüchtete und die zurückgelassene blinde Ehefrau des ersten "Wohnraumparasiten". Die jetzt schon deutlich ins Überkonstruierte abrutschende Erzählung erhält einen noch stärker surrealen Drall, als der neue Wohnungsparasit herauszufinden beginnt, welche Beziehungen zwischen seinem und dem Leben (bzw. Haus) des Fremden bestehen.

So wirr und unentschlossen die Erzählung sich am Ende darstellt, offenbart sie in ihren Motiven doch alle jene Aspekte, unter denen sich Haunted-House-Filme zusammenfassen ließen. Die Ähnlichkeiten zu Filmen verschiedenster Genres und Herkunftsländer (von "Haunted House" bis "Bin-jip", von "Of unknown Origin" bis "Toolbox Murders") resultieren aus dem Phänomen der Verletzung und Eroberung der Privaten durch das Andere. Dies ist vielleicht einer der wenigen wirklichen Grundbausteine des (im freudschen Sinne) "unheimlichen" Films. "Uncertain Guest" baut aus diesem eine Erzählung, die etliche Momente dieser Unheimlichkeit transzendiert. Das ist die Stärke des Films.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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