Technik in Dystopien

Über den Newsletter von H-Soz-u-Kult erreicht mich eine interessante Tagungsankündigung. Hinfahren kann ich leider nicht:

Technik in Dystopien
Internationale und interdisziplinäre Tagung vom 12. – 14. Mai 2011
in Ferrara (Italien)

Die jüngste Geschichte hat das Vertrauen in eine bessere politische, ökonomische und gesellschaftliche Zukunft maßgeblich erschüttert. Man muss nur wenige Stichworte aufrufen, um den Sachverhalt zu illustrieren: der Zusammenbruch des sozialistischen Blocks, das Attentat auf die Twin Towers, die Finanzkrise, die Naturkatastrophen – verbunden mit dem Klimawandel – und das Aussterben der Arten. Dennoch scheint der Glaube an den technologischen Fortschritt von dieser grundlegenden Skepsis nicht berührt zu sein. In der Politik und den Informationsmedien werden die Erfolge aus der Forschung mit enthusiastischen Worten begrüßt, da sie scheinbar die Möglichkeit bieten, Verfallserscheinungen der Menschen und der Gesellschaft, ja sogar der Natur oder des Lebensraums Erde insgesamt zu beheben.

In der literarischen und filmischen Produktion der letzten Jahre begegnet man den technischen Errungenschaften hingegen mit Skepsis oder eindeutiger Ablehnung. Die Lesbarkeit des Gehirns, die Ersetzbarkeit bzw. die Auflösung des Körpers in der immateriellen Internetwelt werden zu Schreckensszenarien einer diktatorischen Macht und omnipräsenten Kontrolle ausgedeutet und weitergedacht. Die Akteure des Diskurses bedienen sich ihres Wissens, um eine Zukunftsvision zu entwerfen, die, je nach Lager, das utopische oder dystopische Denken bedienen bis hin zu apokalyptischen Visionen. In diesem diskursgesättigten Spannungsfeld entsteht zugleich ein Leerraum: Die Wirkungen der eigenen Forschung auf die Gesellschaft sind den Wissenschaftlern häufig nicht transparent oder vielleicht sogar nicht bewusst, Apokalyptiker verharren in Unkenntnis und ignorieren die tatsächlichen Errungenschaft der Technik etc.

Die Tagung „Technik in Dystopien“ strebt an, diesen Leerraum wenn nicht zu schließen, so doch zumindest zu verringern, in dem sie eine Plattform bietet, die Wechselwirkung von Dystopien/Utopien und Technik und insbesondere die Darstellung von Technik in Dystopien zu erörtern.

Tagungsprogramm:

Donnerstag, 12. Mai 2011

15.00 Uhr
Eröffnung und Begrüßung Matteo Galli

15.15 Uhr
Einführung
Viviana Chilese

Moderation: Alexandra Pontzen

15.30 Uhr
Von der Instauratio Magna zur Dystopia Magna? Das endlose Experiment der gesellschaftlichen Modernisierung.
Wolfgang Krohn

16.15 Uhr
Abschied vom Staat als einzigen Topos? Staatliche Institutionen und wirtschaftliche Akteure als Träger dystopischen Potentials im Informationszeitalter.
Fabian Beigang

17.00 Uhr
Kaffeepause

17.30 Uhr
Technikbewertung/Technikfolgen am Beispiel Informationstechnik.
Sandro Gaycken

18.15 Uhr
Propaganda und Perhorreszierung der neuen Prosumtionstechniken.
Peter Matussek

20:00 Uhr
Abendessen

Freitag, 13. Mai 2011

Moderation: Matteo Galli

09.00 Uhr
Totalitäre Staaten und Massenvernichtung: Dystopische Insektengesellschaften in Literatur, Entomologie und Soziologie.
Niels Werber

9.45 Uhr
„Game over“ für den Fortschritt? Zur Rolle der Technik in dystopischen Computerspielen.
Dominik Orth

10.30 Uhr
Kaffeepause

11.00 Uhr
Informations- und Kommunikationstechnologien in literarischen und filmischen Dystopien der Gegenwart: Schwarmintelligenz und Ubiquitous Computing in Philip Kerrs „The Gridiron“, Frank Schätzings „Der Schwarm“ und James Camerons „Avatar“.
Andreas Böhn

11.45 Uhr
Technik und Technikkritik im dystopischen Film.
Heinz-Peter Preußer

12.30 Uhr
Mittagspause

Moderation: Heinz-Peter Preußer

14.30 Uhr
Kalkül versus Katastrophe – Die Kommunikation des Klimawandels.
Friedemann Lembcke

15.15 Uhr
Die Selbst-Falsizifizierung der Technik und ihre Rätsel
Elena Esposito

16.00 Uhr
Let’s talk about the future. Erfahrungen des Research-Through-Design-Ansatzes als Methode partizipativer Technikgestaltung.
Tobias Dyrks

16.45 Uhr
Kaffeepause

Moderation: Viviana Chilese

17.15 Uhr
„Plug & Pray“. Filmaufführung und Gespräch
mit dem Regisseur Jens Schanze.

20.30 Uhr
Abendessen

Samstag, 14. Mai 2011

Moderation: Helmut Schmitz

9.00 Uhr
Game over? Daniel Suarez’ dystopische Netzwerkgesellschaft.
Wolfgang Coy

9.45 Uhr
Die verlorene Ehre der Mia Holl. Juli Zehs „Corpus Delicti. Ein Prozess“.
Achim Geisenhanslüke

10.30 Uhr
Kaffeepause

11.00 Uhr
Streben nach Ewigkeit. Die neuen Utopien des ewigen Lebens und ihre dystopische Kehrseite.
Viviana Chilese

11.45 Uhr
Dystopisches Raunen. Reinhard Jirgl und Elfriede Jelinek im Vergleich.
Heribert Tommek

12.30 Uhr
Mittagspause

Moderation: Viviana Chilese, Matteo Galli, Heinz-Peter Preußer.

14.30 Uhr
Präsentation der Arbeitsgruppe „Techniknostalgie und Retrotechnologie“ am Karlsruher Institut für Technologie.
Andreas Böhn

15.00 Uhr
Arbeitstreffen: Ideenaustausch und Diskussion über die Möglichkeit eines interdisziplinären gemeinsamen Projektantrags zum Thema „Dystopien“.

17.00 Uhr
Abschlussdiskussion und Verabschiedung.

Tagungsort:
IUSS – Ferrara 1391
Via delle Scienze 41/B
I-44121 Ferrara

Veranstalter:
Viviana Chilese, Matteo Galli, Heinz-Peter Preußer
E-mail: viviana.chilese@unife.it, matteo.galli@unife.it, preusser@uni-bremen.de

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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