»You’ve made him a man again!«

Sex Kittens go to College (USA 1960, Albert Zugsmith) (DVD)

Am Collins College herrscht Aufruhr: Eine neue Professorin, die junge, gut gebaute, blonde und hoch intelligente Dr. Mathilda West ist dort eingetroffen, um die Uni durch ihre Lehre „into the space age“ zu katapultieren. Dass die Wissenschaftlerin mit ihren 13 Abschlüssen in allen möglichen natur- und geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen (ihre Leistungen auf diesen Gebieten sind so umfangreich, dass der Computer mehrere Meter Endlospapier damit bedruckt, s. o.) so ungemein anziehend auf die männlichen College-Angehörigen (Kommilitonen wie Kollegen) wirkt, ist ein Problem. Vom verklemmten Captain der Baseball-Mannschaft „Woo Woo“ bis hin zum kauzigen Computerwissenschaftler Dr. Zorch sind ihr alle verfallen. Und die Kolleginnen und Studentinnen sehen sich angesichts der erotischen und intellektuellen Tatsachen in der Defensive. Allerdings hat Dr. West „a past“, wie die ebenfalls eifersüchtige Dr. Myrtle Carter, Assisentin (und heimliche Bewunderin) Zorchs, herausgefunden hat: Vor ihrem kometenhaften akademischen Aufstieg war West als „The Tallahassee Tassels Tosser“, eine Art Go-Go-Tänzerin, bekannt. Eine zeitlang schafft sie es, ihre Kollegen darüber hinters Licht zu führen, doch als zwei Mafiosi auftauchen, die das Geheimnis um die merkwüdigen Wett-Erfolge eines gewissen „Sam Thinko“ aufklären wollen, erkennen sie West als ehemaliges Mitglied der Halbwelt wieder. So tritt sie schließlich den Rückzug aus der Uni an und vermählt sich mit dem ihr ohnehin sehr zugetanen Uni-PR-Mann George.

Sequential Auxiliary Modulator

Und was hat das alles mit Robotern zu tun? In der Titelsequenz des Films (siehe Abb. ganz oben) sehen wir einen gigantischen Blechmann an der Wand stehen, der während der ersten 80 Minuten des Films nur noch einmal auftaucht. Er ist eine Art „Verkörperung“ des Supercomputers „Thinko“, dessen Hardware man auf dem Bild rechts und links von ihm stehen sieht. Er spricht das aus, was Thinko denkt – und er ist auch jener Sam, den die Mafiosi suchen: „SAM“ ist ein Apronym für „Sequential Auxiliary Modulator“ – also ein akustisches Ausgabegerät. Über dieses hatte Dr. Zorch an verschiedenen Gewinnspielen und Wetten teilgenommen, um eine Software für Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu testen, die ebenfalls für das Erreichen des Weltraumzeitalters wichtig ist. Nun, selbst dieser Sam ist den Reizen Dr. Wests erlegen, wie er nach etwa 80 Minuten zugibt (während ihm in ihrer Anwesenheit nämlich fast die Transistoren durchbrennen). Zorch ist ob des Zustandes seines Roboters besorgt, aber West, die natürlich auch Computerfachfrau ist, beruhigt ihn: Seine Transistoren sind nur „scourged, but not destroyd.“

Teenage Robot Angst

Mit ein wenig Zuwendung, vor allem aber Psychoanalyse (natürlich ist West auch Analytikerin!), kann Sam allerdings wieder auf die Beine geholfen werden. Dazu ist eine Traumdeutung vonnöten – und ab der 80. Minute belegt der Film dann sehr eindrücklich, warum er in die Kategorie „Sexfilm“ gehört: Sam berichtet über etwa 10 Minuten hinweg von seinem Traum, als Mann verkleidet in einer Bar zu stehen, wobei die verschiedensten Frauen nacheinander vor ihm einen Striptease aufführen. Das wird natürlich nicht nur gesagt, sondern auch filmisch inszeniert und so bekommen wir eine ganze Reihe barbusiger Tänzerinnen zu sehen, die Sams Augen wortwörtlich zum Leuchten bringen:

Do Robots dream of Electric Sheep? Definitely they do not! - »Dance, doll!«

„It‘s so difficult how to know to handle them at that age! Everything one says seem wrong“, beklagt sich Zorch bei der Analytikerin, die seinen Roboter qua Traumdeutung offenbar über seine erste Pubertätskrise hinweg geholfen hat. Er dankt ihr mit: „You’ve made him a man again.“ – als sei er vor dem verwirrenden Zusammentreffen mit West schon einmal ein „man“ gewesen. Und genau hierin liegt vielleicht auch schon der Witz des Films – und eine der narrativen Funktionen von Robotern in Sexfilmen: Sie erscheinen geschlechtslos, erweisen sich aber (durch die Mimesis menschlichen Verhaltens) als sexualisierbar und helfen auf diese Weise zur eigenen sexuellen und geschlechtsidentifikatorischen „Ortsbestimmung“ derjenigen Menschen, die mit ihnen zu tun bekommen.

»Tell me about your phantasies.«

Diese Ortsbestimmung scheint Anfang der 1960er-Jahre durchaus notwendig gewesen zu sein. Die Verwirrung, die eine attraktive und junge Frau allein damit stiftet, dass sie nicht ihren Körper, sondern ihren Kopf als Kapital in den Geschlechterkampf (der im Film mehrfach zitiert wird) wirft, wird hier fast eineinhalb Stunden lang von verschiedensten Seiten beleuchtet. Und der Roboter klärt die Situation dann auch tatsächlich: Dr. West erkennt am Ende, dass sie zwar nicht wieder allein auf ihre Körperlichkeit (als „The Tallahassee Tassels Tosser“) reduziert werden möchte, aber da sie nun in einem „heiratsfähigen Alter“ ist, hängt sie ihr gutes Dutzend Doktorhüte an den Nagel und heiratet den Uni-PR-Mann um dann nur noch ganz Ehefrau zu sein. Damit ist die zeitgenössische Gender-Perspektive wieder gerade gerückt. Der Roboter Sam hat dabei auch ganz „bildlich“ eingegriffen, kommt sich das Liebespaar doch zu seinen Füßen (sozusagen mit ihm als Geschlechterkriegs-Friedensstifter in der Mitte) näher und näher.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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