»A clever calculating killer«

Gog (USA 1954, Herbert L. Strock) (DVD)

Warum dieser Film nach einem von zwei am Rande in ihm auftauchenden Robotern benannt ist, ist mir ein Rätsel. Mit dem sagenhaften biblischen Völkern haben sie jedenfalls nichts zu tun. Ich könnte mir die Namenswahl durch die sich mir aufdrängenden sexuelle Konnotationen des Films auf einer mögliche phonetische Ebene erklären – doch dazu später.

Safer Gog ...

Irgendwo in einer US-amerikanischen Wüste existiert eine unterirdische Forschungsstation, in das „Race for Space“ vorbereitet werden soll: Dort wird eine Raumstation entworfen, Technologien für Astronauten erprobt und das alles mit Hilfe einer „giant brain machine“, dem NOVAC – „Nuclear Operative Variable Automatic Computer“. Als es einen mysteriösen Unfall gibt, in dessen Verlauf bei einem Kälteexperiment zwei Wissenschaftler der Station ums Leben kommen, wird ein Regierungsbeamter in die Station entsendet, um den Vorfall zu untersuchen. Zunächst wird ihm der Aufbau des unterirdischen Gebäudes erklärt, dann von einer beunruhigenden Entdeckung berichtet: Verteilt über die ganzen fünf Stockwerke des Bunkers hat man seltsame Sende- und Empfangsboxen gefunden, deren Herkunft und Aufbau nicht erklärbar ist.

In der Bunker-Zentrale

Sofort wird feindliche Spionage gewittert – insbesondere, weil ein unbekanntes Flug-Objekt in von Menschen bislang unerreichter Flughöhe das Gelände überfliegt. Während die ersten drei Etagen des Bunkers geräumt werden (ein konventioneller Bombenagriff könnte die oberste, ein Atombomben-Angriff die zweite und ein Wasserstoffbomben-Angriff sogar die dritte erreichen), geschehen immer seltsamere Dinge: In einem Labor für sonische Experimente wird ein Ton erzeugt, der den dort befindlichen Wissenschaftler beinahe umbringt. Eine Frau wird durch eine neue Technologie von „sun mirrors“, mit denen die Lichtenergie der Sonne verdichtet und gebündelt wird, beinahe geröstet. Zwei Astronauten sterben während eines Rotationstests, weil sich das Karussell, in dem sie festgeschnallt sind, nicht mehr abschalten lässt. Und dann entweicht auch noch Radioaktivität aus einem eigentlich gesicherten und nur für Roboter zugänglichen Bereich.

NOVAC: Speicher, Recheneinheit, Software, Ausgabe

Der Kalte Krieg ist in dieser Forschungsstation allgegenwärtig; angefangen beim Wettrennen um den ersten Platz im Weltraum (der hier bereits als strategisches Feld abgesteckt wird: Bekommen die US-Wissenschaftler ihre „sun mirrors“ in einen Orbit, dann ist der Kalte Krieg gewonnen) bis hin zur schließlichen Lösung des Problems: NOVAC, der in der Schweiz produziert wurde (ein Aufdruck benennt „Bernulix Computer“ als Quelle), ist mit Empfängern ausgestattet worden. Die überall in der Station gefundenen ominösen Kästen stellen Verstärker dar, die jemand (wahrscheinlich der mit NOVAC beschäftigte schweizerische Wissenschaftler) dort verteilt hat – mit ihrer Hilfe kann NOVAC verschiedene Systeme der Station manipulieren und hat auf diese Weise die Unfälle provoziert. Gesteuert wird das Ganze „von oben“ – nämlich von jenem über dem Gelände kreisenden feindlichen Flugzeug, das gegen Ende abgeschossen wird.

Gog und Magog

„That was the Work of a maniac!“, sagt der Stationsleiter nach einem besonders perfiden Sabotage-Akt und man ist geneigt aus seiner Vermutung das Wort „MANIAC“ in Großbuchstaben herauszuhören, als er zur Antwort bekommt: „Not a MANIAC … a clever calculating killer.“ Dass nämlich der Computer (der mit der in den 1950er Jahren in den USA populären „-AC“-Schreibweise für Röhrencomputer tituliert ist: ENIAC, UNIVAC, JOHNNIAC, … und eben auch MANIAC, der zwei Jahre vor „Gog“ das Licht der Welt erblickte und schon gleich auf einen Menschen angesetzt wurde!) – dass also NOVAC hinter all dem steckt und damit die Technik Dämonisches treibt, dass dann aber doch erklärbar ist, vermutet der heutige Zuschauer zumindest sofort.

Gog schließt die Tür (Product Placement)

„Science is never frightening“, versucht der Computer-Wissenschaftler die verängstigten Forschungsstations-Bewohner zu  beruhigen. Und dennoch ist insbesondere die Computer-Technologie ob ihrer Allmacht und Allwissenheit beunruhigend: „Someone who knows everything we know“, vermutet der Stationsleiter, stecke hinter den Vorfällen. Ein eindringlicher Appell gegen die Verwendung von Computern für alle Zwecke verbirgt sich hier, steuert NOVAC doch jedes Detail der Station. Er ist sogar so komplex, dass der ihn betreibende Wissenschaftler zugibt, es seit Jahren vergeblich zu versuchen „familiar“ mit ihm zu werden. Letztlich beschränkt er sich darauf, die beiden Roboter „Gog“ und „Magog“ als NOVACs ausführende Verkörperungen zu steuern: Über einen Lochstreifen gibt er ihnen Befehle ein, wie etwa, die Labor-Tür zu schließen oder an Reglern zu drehen. Dass die beiden Roboter wesentlich mehr als das können, zeigen sie gegen Ende des Films.

Todesstrahlen: Test und Anwendung

Dann nämlich rebellieren sie gegen die Menschen in der Station. Mit ihren vier Armen und einer vorn angebrachten Multi-Funktions-Kanone morden sie und sabotieren sie die Station. Zuvor hatte NOVAC bereits eine echte, ihm „anvertraute“ Waffe in Stellung gegen die Menschen gebracht: Jene „sun mirrors“, die das Sonnenlicht draußen in der Wüste mit einem Parabolspiegel einfangen und nach unten in die Station bevördern, um dort über bewegliche kleine Spiegel gezielte Energie- d. h. Todesstrahlen abzugeben. Im Test wird eine Modell-Stadt und ein Modell-Ozean in Rauch bzw. Dampf verwandelt. Bald jedoch setzt NOVAC die Waffe gegen die Stationsbewohner ein. Die beiden Roboter sind demgegenüber zwar agiler aber dennoch schnell dingfest gemacht. Nachdem sie ihren Herren, den schweizerischen Computer-Techniker, getötet haben, rückt ihnen der Filmheld mit einem Flammenwerfer zu Leibe.

Gog in Rage!

Es würde mich wirklich wundern, wenn niemandem aus dem Produktionsteam die sexuelle Ikonografie dieser Roboter aufgefallen wäre. Stets mit einer steil aufrecht stehenden, eregierten Kanonen fahren sie umher, zeigen sich von allen Seiten und fahren auf die Kamera zu. Wer beim Anblick von „Gog“ da nicht an „Cock“ denkt … Über diese Bildsymbolik lässt sich die Bedrohung natürlich noch viel treffender inszenieren – insbesondere, als sich Gog gegen Ende zwischen das Film-Liebespaar stellt. Die Geschichte des sexualisierten Roboters im Film hat hier vielleicht ihren ikonografischen Anfang und wird über „Demon Seed“ und „Saturn City“ dann immer konkreter. Dass der Feind von Übersee durchaus „potent“ ist und selbst geheimste Interieurs zu infiltrieren imstande ist, verdeutlichen diese Bilder allemal.

Gog in Love?

* Mir scheint, dass der großartige „A cold night’s death“ hiervon inspiriert worden sein könnte, wird doch im Prolog von „Gog“ auch ein Affe einem Kälteexperiment unterzogen. Hier ist der Computer der Rächer, dort der Affe – wer beide Filme kennt, wird insbesondere die unheimliche/verheimlichende Inszenierung ähnlich finden.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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