The Skin-Flick of the Switch

Programmed for Pleasure (La femme-objet, F 1980, Claude Mulot) (DVD)

„I wonder if Dr. Frankenstein had the same kind of relationship with his creature.“ Solch eine Frage kann sich nur ein sehr unbelesener Science-Fiktion-Autor, wie der dreißigjährige, vollbärtige Nicolas (Richard Allen) stellen. Nicolas hat zwei Probleme: 1. Er hat immer Lust. 2. Seine Freundinnen nicht. Als zwei Beziehungen deswegen scheitern überlegt der Autor, dessen Hauptwerk „The Mad Planet“ von einem Planeten handelt, auf dem Frauen über die Männer herrschen, kurz und kommt auf die zündende Idee: Ich bau mir eine Roboter-Frau. Sicherlich inspiriert ihn dazu auch der ständig durch Bild tuckernde, piepsende R2D2-Spielzeugroboter: „Science Fiction has gone to turn into real science!“

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Zunächst beginnt er mit einer Planskizze – das wurde ja schon in Stepford so gemacht. Dann geht es ins Labor. Er stellt sich neben eine aufgerichtete, eingeschaltete und deswegen mysteriös blau leuchtende Sonnebank, zieht sich ein weißes Hemd mit bunten Flecken an, legt einen Hebel um und die Kreatur erwacht. Die Roboter-Frau ist immer willig, spricht nie und täuscht jeden Mann über ihre wahre Beschafffenheit. Nicolas probiert das bei seinem Verleger aus und der ist ganz Baff. Er schlägt vor, Kim, so der Name der Kreation, in der Filmadaption von Nicolas‘ Science-Fiction-Roman unterzubringen: „Kim as an acress? Why not! An actress who can’t talk is a dream for any lazy dialogist.“ Und faul wird Nicolas, der das Drehbuch zu seinem Roman schreiben soll, in der Tat. Er ist nicht mehr bei der Sache, sondern nur noch auf Kim.

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Als die dann allerdings ein Eigenleben entwickelt und vor Nicolas Augen mit anderen Männern kopuliert, wird ihm schnell klar: Ich brauche noch eine Roboter-Frau! Dieses mal wird es eine Schwarze werden. Dummerweise sind die Roboter-Damen aber gar nicht stumm – sie verschwören sich durch seltsames Gepiepse gegen Nicolas, entledigen ihn seiner Fernbedienung und stellen irgendetwas mit ihm an, so dass er nun selbst auf Knopfdruck zur Kopulation gerufen werden kann. Sein ernüchtertes Resümee: „I had become a male object.“

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Ein typischer Vertreter des französischen 80er-Jahre-Pornos – bis in die Besetzung hinein. Mise-en-scene und Montage genügen höheren Ansprüchen, sind streckenweise gar verspielt ironisch. Auf der Tonebene arbeitet ein Soundtrack zwischen Free-Jazz und Elektronik-Musik, die sich gleichzeitig nach Jarre, Kraftwerk und Tangerine Dream anhört. Die Figuren bekommen sogar ihr eigenes musikalisches Thema, wie man dann deutlich in der finale Ménage-à-troi hören kann.

Und die Roboter? Die sind ja nur scheinbar ihrem (Sex-)Objektstatus verpflichtet. In Wirklichkeit ist es so, dass Nicolas durch seine Libido programmiert ist und nur glaubt Subjekt seiner Triebe zu sein. Als seine Gespielinnen ihm die Fernbedienung abnehmen ist das nur der Ausdruck jener Gefangenschaft, in der er immer schon gesteckt hat. Irgendwie ist das also auch ein ernüchternder Pornofilm, weil er die Leere des Sex und Ziellosigkeit so deutlich vor Augen führt. Warum Nicolas nämlich immer will, fragt er sich nie. Das er immer kann empfindet er sogar selbst manchmal als Fluch und als er dann immer darf, wird es für alle Beteiligten unendlich langweilig.

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Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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2 Antworten zu The Skin-Flick of the Switch

  1. any sagt:

    Interessanter filmischer Hinweis – nur, wieso soll hier die „Leere des Sex und die Ziellosigkeit“ dem Zuschauer vorgeführt werden? Den sexuellen Trieb so (post)primitiv als überflüssige Zeitvertreibungsmethode abzutun – das kann man keinen pornografischen oder pornografisch konnotierten Film unterstellen, selbst einer Genre-Parodie nicht, die an dieser Stelle offensichtlich vermutet wird. Wieso soll die männliche Lust in Frage gestellt werden? Da wird die Problematik an der falschen Stelle aufgegriffen. Viel verstörender ist die Tatsache, dass im vorgestellten Film das patriarchale Klische von der Sexualität einer Frau, die immer kann, jedoch nicht immer will, aufs Neue bedient wird. Ein klassisches Stück Kino der Attraktionen mit einem klassischen Objekt der Zur-Schau-Stellung. Frau sexuell gestört, Mann sexuell überentwickelt. Eigentlich schlimm.

  2. Stefan Höltgen sagt:

    Haben Sie den Film gesehen?

    Es ist wirklich deutlich an den Handlungen und der Mimik des Mannes ablesbar, dass die rein organische Befriedigung für ihn immer sinnleerer wird. War es ihm zu Beginn noch wichtig, dass er möglichst viel koitiert, so wird das gerade als seine Roboterfrau den Job seiner Sexpartnerin übernimmt, immer bedeutungsloser für ihn. Man hat, als sie beginnt ihn zu betrügen, sogar den Eindruck, er handele nur nach den Konventionen, wenn er sie gedanklich verflucht und sich in die nächste Roboter-Romanze stürzt. Parodistisch schien mir das gar nicht mal zu sein, sondern viel eher die Apotheose des erzählenden Pornofilms, der ja letztlich von Motivationen berichten soll, wo nur Triebe die Gründe sind.

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