Der Zensor zensiert sich selbst …

… und zwar, um den Marktwert seiner Inkriminate nicht noch zusätzlich zu schädigen. Folgende Begründung liefert die oberste deutsche Medienzensurbehörde (Bundesprüfungssstelle für jugendegefährdende Medien – "BpjM") für die Intransparenz ihrer Entscheidungen:

Weiterhin kann es nicht im Interesse des Rechteinhabers liegen, dass eine Bewertung des Filmes hinsichtlich seines künstlerischen Wertes, wie sie in jedem Fall in einer Indizierungsentscheidung verschriftlicht ist, veröffentlicht würde. Die Gremien müssen den Grad der Kunst in Relation zur Jugendgefährdung setzen und eine Abwägung vornehmen. Hierbei wird oftmals der geringe künstlerische Wert des Films bescheinigt, was sich als Aussage gegenüber Dritten "geschäftsschädigend" auswirken könnte und somit einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen könnte.

Oder anders gesagt: Damit der ohnehin nicht schon gechädigte Zensierte noch weiter geschädigt wird, indem der Zensor seine Kunst öffentlich zur Nicht- oder Minder-Kunst erklärt, bleiben die Begründungen dafür eben geheim. 

via korken( Filmforen)/CineFacts

Die BpjM ist natürlich keine Zensurbehörde und übt deshalb auch keine Nachzensur aus. Die ist ja durch die Verfassung verboten, weil zwei andere deutsche Staaten damit soviel Übel verursacht haben. Die BpjM betreibt prophylaktischen Jugendschutz, nach dem sich die Anbieter dann richten: Um nicht auf dem Index zu landen, kürzen sie ihre KunstWerke im vorauseienden Gehorsam. Trotz soviel Umsicht seitens der BpjM werde ich es mir aber dennoch nicht nehmen lassen, mir einmal von den Bundesangestellten dort erklären zu lassen, was (keine) Kust ist und hier berichten …

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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4 Antworten zu Der Zensor zensiert sich selbst …

  1. JL sagt:

    da gibt’s von Achim Barsch einige schöne Aufsätze (z. B. in ‚Verbrechen — Justiz — Medien‘)

  2. Stefan sagt:

    Danke für den Tipp!

  3. korken sagt:

    Dass es einen analytisch scharfen Begriff von Kunst geben muß und dass es dafür Kriterien gibt, darüber haben wir uns ja bereits gestritten. Nichstdesdotrotz halte ich den sogenannten „Kunstvorbehalt“ für praktisch (nicht analytisch) bedeutsam und wichtig, weil wir uns bei der „Jugenschutzbehörde“ auf der Ebene von Verwaltung und Rechtsverordnung bewegen – also entschieden kunstfernen Feldern. Darüberhinaus wäre aber selbst bei minderwertigen Filmen der Tatbestand der Bevormundung des Bürgers gegeben. Insofern geht die Debatte über Kunst am eigentlichen Skandal der Insizierungs- wie auch der Beschlagnahmungspraxis vorbei.

  4. Stefan sagt:

    Ja, darüber hatte man mich schon in Karlsruhe (angesichts der Beschlagnahme von „Blood Feast“) aufzuklären versucht, dass der juristische Kunstbegriff nicht notwendig ein theoretisch wasserdichter sein muss. Ich kann mich damit ja auch anfreunden, wenn nur die Konsequenzen eines solchen Kunstbegriffes nicht eben immer auch alle anderen Bereiche tangieren/beschneiden.

    Auch wenn der Kunstbegriff, den die da benutzen, nicht das eigentliche Problem ist, wird er doch immer wieder (hier und in etlichen Beschlagnahme-Beschlüssen, die mir vorliegen) als „finales“ Argument herangezogen, um so etwas auszudrücken wie „und eigentlich ist es doch auch gar nicht schade, wenn dieser Unsinn verschwindet, denn es war ja nicht mal Kunst“. Und die Staatsanwälte argumentieren da äußerst normativ. Da fühle ich mich dann doch zum „theoretischen Nach-/Hinterfragen“ aufgefordert – und wie du weißt, führe ich notfalls ja immer einen anderen Kunstbegriff im Revers. 😀

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